Eine Frau, zwei Männer, Drogen und eine Menge Blut…
Das ist nicht die Bilanz der aktuellen Sneakpod-Aufnahme, sondern das Szenario des neuen Oliver-Stone-Machwerkes Savages. Robert, Martin und Claudia sind sich zwar nicht ganz einig, worum es im Film wirklich geht und welche Funktion die dargestellten Gewaltexzesse haben, versuchen aber immerhin gemeinsam, sich an Oliver Stones letzten gelungenen Film zu erinnern. Claudia lobt (ein wenig widerwillig) Madagascar 3: Flucht durch Europa, und Robert hat mal wieder einen Tipp für die Hörer, die sich zum Lachen nicht mit Claudia im Keller treffen: den Ricky-Gervais-Backkatalog, insbesondere The Ricky Gervais Show.
Savages:
- dt. Filmstart: 11. Oktober 2012
- Länge: 130 min
- Genre: Drogen-Thriller, Drama
- Regisseur: Oliver Stone
- Schauspieler: Taylor Kitsch, Aaron Taylor-Johnson, Blake Lively, Salma Hayek, Benicio del Toro, John Travolta, Emile Hirsch
- Sneak am: 3. Oktober 2012
Punkte:
Claudia: 4/10
Martin: 4,5/10
Robert: 5,5/10
Pingback: Vorhersage Dienstag, 09.10.2012 | die Hörsuppe
Auf den Film war ich eigentlich neugierig. Hört sich aber nicht so prall an. Eure Diskussion hat mich an Martin Scorseses “GoodFellas” denken lassen, den ich absolut grandios finde. Auch dort gibt es ein Voice-over, das aber – zumindest in meinen Augen – perfekt eingesetzt wurde. Ebenso gibt es einige Gewaltspitzen, die dem Film aber nicht abträglich sind. Aber was red’ ich? Kennt ihr ja bestimmt alle…
Zu Oliver Stone muss ich sagen, dass ich z.B. “W.” gar nicht so schlecht fand. Nicht wirklich großartig, aber doch ein recht anschaubares Biopic (habe 7 Punkte vergeben). Davor hatte er schon einige tolle Filme: “The Doors” gefällt mir recht gut. Auch “Natural Born Killers” ist auf seine Art ein spannender Film. “Platoon” ist durchaus wichtig für sein Genre und “U-Turn” ist ein herrlich fieser, kleiner Thriller. Mein Lieblingsfilm von Stone ist aber wohl “JFK” – darf man natürlich nicht alles für bare Münze nehmen, doch für seine knapp 4 Stunden Laufzeit ist der Film sehr spannend, top inszeniert und toll gespielt. Kann also durchaus was, der Mann. Außer “W.” habe ich von den neueren Filmen aber auch keinen gesehen…
Ich habe mir nun noch einmal den Trailer zu “Savages” angeschaut: Hat der Film einen Twist? Wenn ja, dann hab ich ihn wohl gerade erraten…
@Bullion: “W” fand ich eher mäßig, allerdings nicht schlechter als “Savages”. Bei den anderen würde ich dir mehr oder weniger zustimmen – aber die genannten Filme sind halt alle schon an die 20 Jahre (wenn man U-Turn gelten lässt, immer noch 15 Jahre) her. Deshalb auch die von mir aufgeworfene Frage: Wann hat Stone den letzten wirklich guten Film gemacht?
Kann schon sein, dass du den “Twist” durchschaut hast (wobei ich “Twist” für ein zu starkes Wort für die nicht besonders aufregende erzählerische Wendung im Film halte).
Und von “Savages” zu “GoodFellas” ist (qualitativ) für mich ein ziemlich weiter Weg (und das sage ich, die ich bekanntlich kein übermäßiger Scorsese-Fan bin…).
Ich hab vorher schon nur wirklich schlechtes zu Savages gehört und jetzt habt ihr mich eigentlich schon fast wieder neugierig gemacht… aber nur fast! :D
Oliver Stone lebt aber auch wirklich schon lange nur noch von seinem guten Namen, JFK fand ich vor vielen vielen Jahren sehr toll und U-Turn empfinde ich ebenfalls als gelungen – aber danach? Da kam wirklich nicht mehr viel gescheites.
Bei der Prüderie/Gewaltdebatte hat Robert aber auch nicht ganz unrecht, auch wenn da die Regelungen ziemlich undurchsichtig sind. Gerade im öffentlichen TV darf man ja nichtmal fuck sagen – oder man erinnere sich an den “Skandal” um Janet Jacksons Brust beim Superbowl vor einigen Jahren. Sowas soll ja bloss niiiiieeeeemand sehen…
Aber selbst im Kabelfernsehen ist das irgendwie merkwürdig. Bei Breaking Bad (amc) werden Brüsste geblurrt und selbst ein “FUCK YOU”, was auf einem Zettel steht, wurde gepixelt – aber dafür dürfen einfach Kinder erschossen werden… oder The Walking Dead, was auch auf amc läuft – da werden immer wieder Menschen und Zombies schonungslos zerstückelt.
Bei Shameless (showtime) gibts dafür absolut kein Problem mit nackten Personen und bei Game of Thrones (HBO) werden neben nackten Tatsachen auch ab und zu Köpfe mit einem ordentlichen Schwerthieb halbiert. Ich persönlich hab aber auch mit exzessiver Gewalt kein Problem, sofern sie nicht zum Selbstzweck verkommt – ist ja immerhin ein sehr eindrückliches Stilmittel. Und bei Drive fand ich die wenigen Gewaltspitzen sogar recht harmlos :>
Aber soviel dazu… zu Madagaskar: Ich fand Teil 1 furchtbar schlecht und finde auch die meisten Dreamworks-Sachen nicht besser. “Drachenzähmen leicht gemacht” ist hingegen aber absolut sehenswert – dem solltet ihr mal eine Chance geben :)
Und wo ihr auf Joseph Gordon-Levitt zu sprechen kamt… könntet ihr euch mal Looper anschauen? Der ist gerade angelaufen und ich bin hin- und hergerissen, was ich von dem halten soll. Eure Meinung interessiert mich daher sehr. Der Regisseur Rian Johnson (hat schon den tollen “Brick” und 2 Folgen Breaking Bad gedreht) hat übrigens schonmal einen Audiokommentar aufgenommen und den ins Netz gestellt, damit man sich den auch schon im Kino geben kann. Fand ich sehr cool :D
http://soundcloud.com/rcjohnso/looper-theatrical-commentary
Und zum Schluss hab ich noch einen Wunsch. Besprecht in der nächsten Ausgabe doch bitte mal den Trailer zu Movie 43 :D
http://www.youtube.com/watch?v=6VneW1vtcWY
So eine Besetzung bei solch einem Humor, könnte imho sehr genial werden. Oder auch furchtbar schlecht.
War ansonsten ein schöner Podcast – auch gut, dass Martin mal wieder da war :)
@Kuh: Aus meiner Sicht war das im Podcast keine Debatte darüber, ob die USA generell prüder sind und inwiefern da in Filmen/im Fernsehen Sex rauszensiert wird usw., sondern ob das im speziellen Fall von “Savages” eine wahrscheinliche Erklärung für das von Blake Lively Gezeigte (oder eher: Nichtgezeigte) ist. Meiner Meinung nach: nein. Die Doppelmoral (Sex im Vergleich zu Gewalt) gibt es mit Sicherheit, auch wenn mich dieses Thema allgemein nicht so beschäftigt wie offensichtlich viele andere. Ich finde meistens sehr explizit gezeigte Nacktheit im Film genauso überflüssig wie sehr explizit gezeigte Gewalt.
Looper anschauen ist in Arbeit, hoffentlich noch diese Woche :D (Brick finde ich übrigens auch absolut super).
Achso, wenn es nur speziell um Savages ging, würde ich auch einfach sagen, dass Frau Lively einfach nichts zeigen wollte… was dem Film ja nur schadet. Nicht, weil man keine nackte Haut sieht, sondern weil es einfach unnatürlich wirkt, siehe Kleid mit in die Wanne.
Dann gabs da wohl ein kleines Missverständnis :>
Und “yeah!” zur Looper-Begutachtung :D
Grad gesehen… Oliver Stone spielt sogar in so einem reudigen Found Footage Horrorschinken von seinem Sohn mit… http://www.imdb.com/title/tt1588886/
Meine Güte :>
O je o je…
@Kuh: Ich finde es eigentlich beruhigend, dass bei Walking Dead Menschen und Zombies “schonungslos zerstückelt” werden. Würden sie auf besonders schonende Art und Weise zerstückelt werden wäre es irgendwie hundert mal widerlicher und kranker. Gott. Nein.
Und Frau Livelys nackte Haut hätte den Film auch einfach wegen “oh schön, schöne nackte Haut!” aufgewerte, da es ja sonst nicht wirklich viel mehr zu sehen gab. Außer eben diesen Chefhandlanger.
Und hier kommen wir zum kuhexternen Teil des Kommentars: Alles was gesagt wurde stimmt! Alles!
Mensch, habe ich gelitten als ich feststellte, dass der Film normalerweise bereits fertig sein müsste, die Hauptfiguren aber noch neue Pläne schmiedeten. Gruselig. Und der “Twist” am Ende ließ so einige im Kino zu recht aufstöhnen.
Und nur damit das klar ist, Drive ist fantastisch und sämtliche drastische Gewalt dient dem Film und verbessert ihn. Pah!
Drive hat eine fantastische erste Hälfte. Dann ist der Drehbuchautor ins Koma gefallen und statt Handlung oder psychologische Komplexität gab’s Gewalteskalation. Und somit ist der Film (gerade wegen der fantastischen ersten Hälfte) für ich eine der schlimmsten Enttäuschungen des Kinojahrs 2011. So sehe ich das, bekanntermaßen :)
Ich weiß! Aber die Gewaltexzesse hatten schon seinen Sinn. Er war dabei ja auch immer komplett fertig. Schweißausbräuche, Zittern, Verkrampfen. Das krasse Gegenteil zu seiner sonst betohnt ruhigen Art.
Und dann beginnt man nachzudenken, warum kam er in die Stadt und wollte einfach eine möglichst simple Arbeit? Wieso versucht er möglichst wenig zu sagen und zu tun, möglichst keine Emotion zu zeigen?
Und das Wort “Drive” ist ja nun auch mit mehreren Bedeutungen belegt…
Weshalb die Gewaltszenen durchaus zur psychologischen Komplexität beigragen könnten.
Aber ich verstehe schon was du meinst.
“Beitragen könnten” – indeed! Sähen wir nur seine Gewaltexzesse (die des “Drivers”), dann würde ich deiner Argumentation recht geben, und “Drive” wäre ein viel besserer, da psychologisch komplexerer Film. Da der Film uns in der zweiten Hälfte aber auch vollkommen übertriebene Gewaltszenen in graphischster Form bietet, an denen der “Driver” überhaupt nicht beteiligt ist, geht es hier zumindest zum Teil wohl eher um den Spaß an/den “Flair” der Eskalation an sich, und Nicolas Winding Refn ist vermutlich weniger intelligent als Teile seines Publikums annehmen.
An dem Film scheiden sich wohl ewig die Geister :D
Vielleicht täuscht mich auch meine selektive Wahrnehmung, aber ich erinnere mich bei Drive eigentlich nur 2 Szenen, die ich als “brutal” deklarieren würde und das war die Fahrstuhlszene und der Übergriff im Motelzimmer. Und die gingen schneller vorbei als man Kettensägenmassaker sagen kann :>
Ob Refn so intelligent ist, möchte ich nicht beurteilen. Sein Fear X (samt Audiokommentar) könnte man dafür sicherlich als Indikator nehmen, aber ich mag den Film trotzdem. In seinen anderen Filmen setzt er aber imho Gewalt sehr gezielt ein und verwendet auch Rot als Signalfarbe sehr bewusst.
Also, wenn Gewaltexzesse nicht die Handlung des zweiten Teiles sind (so habe ich es in Erinnerung), dann hat der zweite Teil gar keine Handlung. Erzählt wird ja sonst nix mehr. Weshalb ja jeder Fan des Films einem erklärt, was die Gewalt im zweiten Teil alles bedeutet…
Ich persönlich deute in die Gewalt von dem Film eigentlich auch garnicht viel rein und zu bedeuten hat das in meinen Augen auch nicht unbedingt.
Für mich ist Drive “nur” ein spannender Thriller um einen stillen Kerl, der nicht so recht weiss, was er mit seinem Leben anfangen soll (was er mit dem Geld aus seinen Überfällen machen will, ist ja nicht bekannt und ich hatte nicht den Eindruck, dass er das im Film selber weiss), die Frau kennenlernt, sich in sie verliebt und über unglückliche Umstände an die Mafia gerät. Und da er sie liebt, will er sie retten/beschützen und hat damit einen Sinn für sein Leben gefunden, wobei er sogar für sie sterben würde. Und da er ein absoluter Profi ist, kümmert er sich halt kalt, brutal, zielgerichtet und effizient um die Bösewichte. Er wird zum Held. Romantik. Ende. Aus. Und der Vorhang fällt.
So gesehen funktioniert der Film auch nach dem einfachsten Schema, aber ich glaub, das muss hier niemandem wirklich erklärt werden :D Charaktere werden eingeführt – ein Konflikt wird hergestellt und zum Ende hin einfach aufgelöst. Zusammen mit der Bildsprache, der Musikauswahl etc. hat mir das einfach gut gefallen :)
@Kuh: Aber er wird nicht zum Held. Wenn er Gewalt einsetzt hat er sich kaum unter Kontrolle und tut dies alles andere als kalt und effizient. Es ist so schlimm, dass die Frau sich entsetzt abwendet.
@Claudia: Vielleicht interpretiere ich da ja zu viel hinein, aber ich mag ihn wirklich sehr. Auch die zweite Hälfte. Und wieso ich die Gewalt dort überhaupt nicht störend oder schädigend finde, dafür aber in so manchen anderen Filmen, etwa eben Savages oder sogar 21 kann ich nicht recht sagen. Ich weiß es nicht und suche nach Gründen!
Dass die Frau von seiner Härte entsetzt ist, macht ihn doch aber nicht weniger zum Helden. Er stellt selbstlos das Wohl der Frau über sein eigenes Leben und hat von all den Aktionen absolut nichts – ausser der Gewissheit, dass es der Liebe seines Lebens gut geht. Das kann man doch wohl als Helden bezeichnen.
Der Track von College auf dem Soundtrack heisst doch auch nicht umsonst “A Real Hero”.
http://www.youtube.com/watch?v=OUWJFOnXuB0
Jetzt habe ich extra wegen euch nochmal die DVD reingeworden :p
Die Szene im Fahrstuhl geht bis zum Schliessen der Tür ziemlich genau 2 1/2 Minuten. Die Attacke vom Driver auf den Attentäter dauert knapp 20 Sekunden. Innerhalb dieser Zeit tritt er ihm 17 mal auf den Kopf. Den zertrümmerten Schädel sieht man dabei nur für wenige Frames, also gerade einmal den Bruchteil einer Sekunde.
In dieser Szene sehe ich ehrlich gesagt keinen Exzess oder irgendeine Form der Glorifizierung – ist ja nun nicht so, dass man voll draufhält und das noch in Zeitlupe zeigt, wie es zum Beispiel Zack Snyder macht. Dass Irene da schockiert ist, ist doch aber auch klar. Sie ist von der Situation vollkommen überrascht und auch überfordert. Ob er da nun 3 oder 17 mal auf den Kerl eintritt, macht da, denke ich, auch keinen Unterschied.
Aber Claudia meinte ja auch, dass die Gewalt nicht einmal den Driver selbst betrifft. Kurz danach kommt ja noch die Szene in dem Diner, in dem ein Handlanger mit 3 Messerstichen in den Hals gerammt bekommt. Das wird natürlich auch sehr deutlich gezeigt, aber es zeigt halt, dass die Mafiatypen kalte und skrupellose Kerle sind, denen das Leben von anderen nichts wert ist. Die sind dabei so anteilnahmslos, weil es eigentlich ihre Routine und nichts “besonderes” mehr für sie ist.
Bei Pusher 3 von Refn gibt es da etwas ähnliches, was die Abgestumpftheit des Protagonisten sehr deutlich zeigt.
Für mich ist das stimmig und gehört in der Form ungeschönt dazu. Wenn man jemanden tötet, ist das nunmal keine saubere Aufgabe :/
Der Grund, warum du die Gewalt in “Drive” eher akzeptierst, Phuturist, könnte sein, dass sie Teil einer “coolen” Inszenierung ist. Das ist gar nicht so abfällig gemeint, wie es klingt. Die Gewalt wird ästhetisiert, ist Teil der Coolness des gesamten Filmes. Und das ist genau das, wogegen ich allergisch bin, gerade auch (wie ihr wisst) bei Tarantino usw. – Gewalt als ästhetischer Anteil, als zentraler Bestandteil filmischer Coolness. Für mich fällt der zweite Teil des Filmes so stark ab, weil da erzählerisch und psychologisch nur noch von dem gezehrt wird, was der erste Teil geschaffen hat. Jetzt kann man natürlich sagen, dass das daran liegt, dass es im zweiten Teil um den Kontrollverlust, das Zerbersten der ruhigen Fassade des Drivers geht, dass da kein Platz, vor allem keine Ruhe für Charakterentwicklung und -beobachtung bleibt. Aber ich behaupte, dass der Film dabei zu viel Wert darauf legt, gleichzeitig stylisch und cool zu sein, wodurch ich das, was da vielleicht “gezeigt werden” soll, nicht ernst nehmen kann. Die Szene im Diner hätte nicht so ästhetisiert, nicht so überspitzt und comic-artig, nicht so graphisch und brutal sein müssen, um zu zeigen, dass böse Jungs böse Jungs sind. Warum muss das überhaupt gezeigt werden? Wäre es nicht viel interessanter, wenn das Verhalten des Drivers, die Explosion getriggert würde, ohne dass wir so klar sehen können, dass sein Gegner ein psychopatisches Schwein ist? Für mich ist das vollkommen unnötig und letztendlich filmisches Malen nach Zahlen. Auch ich wollte diesen Film lieben, weil der erste Teil mich so mitgerissen hat, ich Goslings Figur so spannend finde und das alles so unfassbar gut aussieht, aber für mich ist das alles ein billiges Stranden der Geschichte, das nur demonstriert, dass der Regisseur nicht so viel Vertrauen in die subtile Stärke des ersten Teils hatte, wie gerechtfertigt gewesen wäre. So sehe ich das zumindest. Aber ich werde den Film demnächst noch mal anschauen. Dann kann ich ja noch mal Bericht erstatten ;)
Ach nein Claudia, du musst ihn nicht wegen uns nochmal sehen. Es seie denn Herr Kuh verlangt es. Für diese Dinerszene habe ich auch wirklich keine Entschuldigung, und das Aufschlitzen des netten Werkstattbesitzers hätte so auch nicht sein müssen, auch wenn es fantastisch gespielt und gefilmt ist.
Tja was soll ich sagen, manche Szenen empfinde ich auch als überflüssig, das kann ich dir nachempfinden, andere jedoch sind effektiv und sinnvoll, meiner Auffassung nach.
In den spannenden Stellen aus der ersten Hälfte wummerte die Musik sind fantastisch unterdrück, manchmal mehr gedämpfter, manchmal weniger, aber stets war sie Hinter der Kulisse und gebannt. Ach ich kann es nicht klug Beschreiben aber du weißt was ich meine. In der zweiten Hälfte bricht das alles zusammen, und wir sehen auf, zumindest für mich, eindrucksvolle und berührende Weise wie der schöne Traum zerplatzt, alles außer Kontroller gerät, er das weiß, und alles Wichtige nur noch ihr Wohlergehen ist, worauf er sich dann völlig der diesem Zerfall hingibt.
Und irgendwie ist das sehr poethisch und schön. Finde zumindest ich.
Aber vielleicht hast du recht, du bist definitiv eher die Cineastin im Hause.
Ich denke mein Vorteil ist es, das sich das Einsetzen von Gewalt und Sex nicht zwangsläufig schlecht finde, sondern neutral. Meistens wird es schlecht eingesetzt, so dass es dem Film schadet, aber über welches Stilmittel oder welche Eigenschaft kann man das nicht sagen?
Und vielleicht sieht die Gewalt hier auch nur gut aus! Wobei ich nicht finde, dass das hier der Fall ist, diese Stellen sind die unästhetischsten, es sind die mit den banalsten Beleuchtungen und Kameraeinstellungen, aber vielleicht ist sie hier sehr cool inszeniert. Das kann sein. Aber wie gesagt, ich stehe neutral zu Gewalt.
Andere Frage, gibt es eigentlich einen Film der drastische Darstellung von sexuellen Inhalten ästhetisch, kunstvoll, geschmackvoll oder effektiv und sinnvoll umsetzt?
So dass es wirklich große Kunst wird, und nicht “schaut euch diese Brüste an! Bezahlt Geld dafür!”? Mir fällt gerade kein Film ein. Das müsste es aber doch eigentlich geben….
O je, Phuturist, ich wollte dir doch gar nicht das Recht absprechen, das anders zu sehen als ich. Deine Meinung zählt natürlich so viel wie meine Meinung. Habe mich nur in Rage geschrieben ;)
Über die Sache mit dem Sex muss ich noch mal nachdenken. Es gibt im Übrigen auch ein paar Filme, wo ich die Gewalt eher für nötig halte, um die Verstörung zu erreichen, die sich dem Zuschauer übermitteln soll (Ganz im Gegensatz zu Christoph und Teresa war ich ja letztes Jahr der Meinung, dass das bei “Straw Dogs” – zumindest beim Original – schon irgendwie der Fall ist). Allerdings nehme ich diese Motivation wie gesagt Filmen nicht ab, die Gewalt dann stylisch aussehen lassen. Denen unterstelle ich eine gewisse “Freude” an der Gewaltdarstellung, und das lehne ich ab.
Natürlich verlange ich, dass sich Claudia den Film nochmal anschaut. (Nicht! :p)
@phuturist: “9 songs” ist ein eigentlich schon pornographischer Film, aber der ist sogar schon ab 16 freigegeben. Viel mehr fällt mir jetzt auf die Schnelle auch nicht ein.
Auf den neuen Film von Lars von Trier bin ich daher aber gespannt, soll ja ein Hardcoreporno werden – mit Charlotte Gainsbourg, Shia LaBeouf, Jamie Bell, Stacy Martin, Connie Nielsen, Christian Slater und Uma Thurman.
Aber da kann man ja auch direkt auf Antichrist verweisen, da wird die Penetration ja auch in schwarz/weiss und in Zeitlupe gezeigt.
Hmm ob ich eine Penetration in Scharz/Weiß sehen will ist die Frage. Vermutlich nicht. Mir ging es eher um den Punkt, dass explizite Gewalt und sexuelle Themen sehr ästhetisch und stilvoll sein können, aber es ist nicht leicht Beispiele dafür zu finden.
Der Lars von Trier Film könnte interessant werden. Verrücktes Konzept. Na mal sehen was das wird.
Naja, die Sexszene in “Antichrist” war an sich halt schon sehr ästhetisch eingefangen – wenn man von dem anderen Teil der Szene einmal absieht.
In von Triers “Idioten” gibts hingegen eine Orgie, wo auch die Penetration deutlich gezeigt wird. Aber da zeigt man es einfach nur und verfälscht es eigentlich nicht.
Ein krasses Gegenbeispiel wäre “Ex Drummer”, worin sexuelle Inhalt ziemlich pervertiert werden und mitunter einfach ekelerregend sind. http://www.youtube.com/watch?v=VPqVwm3fveQ
Aber es gibt ja auch richtige Pornographie, die durchaus ästhetisch sein kann und die Schönheit des menschlichen Körpers zelebriert und nicht auf der Bahnhofstoilette gefilmt wurde. Sowas kann ich mir, in der Hand eines ordentlichen Regisseur, auch als Teil eines “normalen” Spielfilms vorstellen.
Man, jetzt muss ich wegen euch die ganze Zeit über Filme nachdenken :P
Habt ihr Shame gesehen? Man sieht da ja auch Herrn Fassbender und Frau Mulligan vollkommen nackt und es fügt sich in meinen Augen auch gut in den Film ein, weil es natürlich wirkt – und das nicht nur, weil es im Film primär auch um Sex(-Sucht) geht. Nötig war es aber sicherlich auch nicht.
“Shame” ist ein gutes Stichwort, den wollte ich noch sehen. Und ja, darum ging es mir, in den Händen eines guten Fotografen können Gewalt und sexuelle Themen gut aussehen. Und warum sollten sie das nicht?
Und herrje, Mulligan, womit wir wieder am Anfang angekommen wären. Schön eigentlich.
@Claudia: Achja, ich fühlte mich rein gar nicht angegriffen oder in Rage angeredet!
@Kuh: David Lynch nutzte explizite Sexualität in Mullholland Drive. Allerdings nicht ästhetisch sondern in Pornooptik. Und frag mich nicht warum, er sah sicher einen Grund dafür, vermutlich gibt es einen. Wenn es nur darum ging den Zuschauer zu verstören und in ständiger Unsicherheit zu lassen, dann hatte er Erfolg.
Nur weil du gerade wild am Filme nennen warst…
Weiter oben ging es ja noch darum, ob uns explizite Darstellungen von Sex und Gewalt im Film einfallen, wo Sex und Gewalt wirklich einen narrativen Gehalt oder eine sonstige Wirkung haben, die mit Rafinesse oder Komplexität zu tun hat. Das ist für mich was anderes als die Frage, ob Sex in manchen Filmen “ästhetisch” verwendet wird. Besser ästhetisch als nicht, aber nur weil’s gut aussieht, ist der explizite Sex im Film (oder die Gewalt) nicht gleich künstlerisch notwendig. Wobei ich gar nicht sagen will, dass ich Sex im Film generell ablehne. Zum Beispiel den Film “Die Träumer” kann ich mir schwer ohne (die z.T. auch recht expliziten) Sexszenen vorstellen. Das müssen wir sehen, weil wir als Zuschauer wie Michael Pitt in eine Welt und ein Beziehungsgefüge gestürzt werden, die uns überfordern und gleichzeitig verführen und erregen. Hier erklärt sich aus dem Gesamtzusammenhang, warum uns so viel gezeigt wird.
Über “9 Songs” kann ich nicht mehr sagen, als dass ich den nicht durchgehalten habe. Ich fand diesen Wechsel zwischen Konzertmitschnitt und langen Sexszenen eher öde, wobei das auch daran liegt, dass ich Konzertmitschnitte meistens eher unspannend finde (finde einfach, das Gefühl von Livemusik transportiert sich da meistens nicht gut).
Was Lars von Trier angeht, mir ist nicht klar, was an einem Hardcoreporno aus dem Hause von Trier überraschend oder neu sein soll. Eigentlich ist das nur folgerichtig: Bei Trier geht es traditionell um die Unterwerfung und Demütigung der Frau und um die dramaturgisch geniale Zurschaustellung dieser Unterwerfung. Und da Porno eine lange Tradition von ähnlichen Inhalten hat, wundert mich eher, dass Trier so lange gebraucht hat, um einen Hardcoreporno zu drehen. Und ein bisschen (aber nur ein ganz kleines bisschen) wundert mich, wer sich alles bereit erklärt hat, da mitzuspielen. Und das sage ich, obwohl ich “Melancholia” letztes Jahr 10 Punkte gegeben habe und Lars von Trier für einen absolut begnadeten Regisseur halte, vielleicht für den begabtesten seiner Generation, sowohl dramaturgisch und erzählerisch als auch atmosphärisch und visuell. Auch “Breaking the Waves” etwa war ein in sich perfekter Film, aber was mich von Trier trennt ist vielleicht einfach eine Geschmacksfrage – oder für mich schon fast eine moralische Frage. Ich werde auch den nächsten von Trier sicher irgendwann anschauen, aber ich fürchte mich schon jetzt davor und halte es für möglich, dass ich anschließend für immer bereuen werde, ihn gesehen zu haben (so geht’s mir bei “Breaking the waves”).
“Shame” schließlich habe ich noch nicht gesehen, werde dies aber bald nachholen und bin sehr gespannt, vor allem weil die Darsteller einfach so fantastisch sind.