Schlamm und Leder sind nicht Alles,…
…was The Last Duel von Ridley Scott zu bieten hat, denn der alte weiße Mann hat hier einen der relevantesten aktuellen MeToo-Filme abgeliefert. Weniger relevant ist die etwas unausgegorene Science-fiction-Miniserie Osmosis, bei der nicht nur der Titel Stirnrunzeln verursacht. Das NFL-Playoff-Spiel der Rams gegen die Buccaneers lässt hingegen kaum Wünsche offen, ähnlich wie die Star-Trek-Serie von Bluebrixx.
The Last Duel:
- Dt. Premiere: 24.12.2021
- Länge: 2h 32min
- Genre: Schlamm und Leder, Drama, MeToo
- Regisseur: Ridley Scott
- Drehbuch: Nicole Holofcener, Ben Affleck, Matt Damon
- Darsteller: Jodie Comer, Matt Damon, Adam Driver, Ben Affleck, Harriert Walter, Tallulah Haddon
Punkte:
Christoph (Präsentator): 10/10
Bob: 7/10
Stefan: 8,5/10
Christophs Abspeckstatus (nach 277Tagen): -4,3 kg
Osmosis: Science fiction oder nur Kitsch?
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Ich bin wirklich selten mit Christoph einer Meinung, aber für mich ist The Last Duel ebenfalls ein 10/10 Meisterwerk und (neben dem neuen Spider-Man) wahrscheinlich der beste Film des letzten Jahres. Ich habe ihn damals im Kino gesehen und dann noch zwei weitere Male im Stream. Die Struktur ist sicher etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich war von der ersten Minute an gepackt und ehrlich gesagt positiv überrascht, wie wenige Szenen sich wirklich komplett doppeln – und wenn doch gibt es eben immer zahlreiche Details und Nuancen (Micro-Expressions, falsch verstandene Gesten, anderen Personen zugeordnete Dialoge, etc.) zu entdecken, die Ereignisse in einen neuen Kontext setzen.
Damon, Driver, Affleck – die Performances sind durch die Bank herausragend, die Figuren interessant und vielschichtig gezeichnet, MVP ist für mich dabei klar Jodie Comer, die ja bereits im dritten 10/10 Film des Jahres (= Free Guy) die weibliche Hauptrolle spielen durfte (für die Oscars spielen allerdings vermutlich einfach zu wenige People of Color und Transmenschen mit ;-) ). Der Film hat eigentlich alles: Starke Figuren, Drama, Spannung, Brutalität, Humor… und ja (auch da bin ich bei Christoph), ab und zu haut er auch mal einen bissigen Kommentar raus, der aktueller kaum sein könnte: „Angehörige der Kirche werden überdurchschnittlich oft der Vergewaltigung beschuldigt.“
Beeindruckend fand ich auch, mit welcher Beiläufigkeit ein Altmeister wie Ridley Scott heutzutage ein glaubwürdiges Mittelalter-Setting inszenieren kann und es dabei (mal abgesehen vom fantastischen Duell am Ende) gar nicht nötig hat, den Fokus auf das Spektakel zu legen, sondern immer nah bei den Figuren und ihren Motivationen bleiben kann, während alles drumherum eben „einfach nur mal so“ wahnsinnig gut aussieht.
Einziger Kritikpunkt ist auch für mich, dass die Version von Marguerite uns durch die Einblendung als „objektive Wahrheit“ präsentiert wird, während die beiden Männer „unreliable narrators“ bleiben, deren Egos vor allem sich selbst ins rechte Licht rücken. Was völlig okay wäre, wenn nicht unmittelbar darauf eine Montage von Situationen gezeigt würde, in der sie hypercompetent eine Menge Alltagsprobleme löst, für die ihr Mann offensichtlich zu dumm, unfähig, oder stur ist – ganz abgesehen davon, dass er ein ungehobelter Klotz ist, der es auch im Bett nicht bringt, kurzum: Sie ist ihm in praktisch allen Belangen haushoch überlegen und muss Tag für Tag seine brutale Unfähigkeit ertragen (das würde als ihre ganz eigene „unreliable narrator“-Wahrheit gut funktionieren, wie sie sich selbst sieht – aber als objektive Wahrheit wirkt es dann doch etwas dick aufgetragen).
Ich gehe die Überlegung, dass ein sich permanent in Schlachten aufreibender Matt Damon einem eher die feinen Dinge des Lebens genießenden Adam Driver im Duell klar überlegen sein müsste ein Stück weit mit – allerdings darf man dabei auch nicht vergessen, dass Matt Damon inzwischen 51 Jahre alt ist und Adam Driver gerademal 38 – und das Duell zeigt uns ja wunderbar, dass es ein Abnutzungs- und Ermüdungskampf ist.
Warum der Film gefloppt ist, dürfte weniger mit den leidigen ADHS-Smartphone-Millennials und mehr mit der Werbekampagne zu tun haben: In Deutschland gab es praktisch keine – der Film lief zu meiner Überraschung gerade einmal 1-2 Wochen im kleinsten Saal des Kinos und erfahren hatte ich von seiner Existenz nur zufällig Monate vorher durch einen Trailer auf YouTube), während in den US-amerikanischen Online-Magazinen wohl hauptsächlich Narrative wie „Toxic Masculinity in der Ritterzeit“ und „MeToo im Mittelalter“ gestreut und von einem „zutiefst feministischen Film“ gesprochen wurde… wow, da fühlt sich doch jeder Fan mittelalterlicher Schlachtgemälde gleich total motiviert sich 2,5 Stunden lang darüber belehren zu lassen, warum nochmal genau alle Vertreter seines Geschlechts ganz furchtbare Menschen sind *Augenverdreh*. Viel besser hätte hier doch eine klassische Kampagne im Stil von „zwei Waffenbrüder werden über die Jahre zu erbitterten Rivalen – um Land, Titel und eine Frau“ verfangen und die Vergewaltigungsgeschichte wäre zum „schockierenden Twist“ des Word-of-Mouth nach dem Film geworden. So aber hat man sich erfolgreich genau die Klientel vom Leib gehalten, die den Film eigentlich am Dringendsten nötig hätte… und nebenbei praktisch alle anderen auch :-).
zu guter Letzt:
Ja, die letzten Playoff-Spiele waren echt der Hammer!